mit Mitglieder-Hauptversammlung
vom 25. bis 27. September 2000 in Kohren-Salis
M O N T A G - 25. September 2000
Vorsitzender: J.H.P. Hackstein
Die Muroplasten (Cyanellen) der Glaucocystophyta haben als einziger Plastidentyp die Peptidoglykanwand ihres cyanobakteriellen Vorläufers behalten. Sie wurde allerdings in der Dicke reduziert und modifiziert, um den Erfordernissen einer Organellenwand - problemloser Durchtritt von ca. 2000 Polypeptiden unterschiedlicher Größe und Hydrophobizität - zu entsprechen. Die vergleichende Analyse verschiedenartiger Plastidengenome resultierte in der Forderung eines singulären primären endosymbiontischen Ereignisses. Demnach müßten Muroplasten, Rhodoplasten und Chloroplasten einen ähnlich aufgebauten Proteinimportapparat besitzen. Dafür spricht der heterologe Import von Precursors aus Cyanophora paradoxa und Rotalgen in Erbsenchloroplasten. Ungeklärt ist, weshalb der heterologe in vitro Import von Pflanzen-Precursors in Muroplasten nicht funktioniert.
Vorsitzender:
W. Löffelhardt
Im Verlauf der Arbuskulären
Mykorrhiza werden in den Cortxzellen der Pflanzenwurzeln stark verzweigte
Strukturen des Pilzes gebildet, die dem Austausch verschiedener Nährstoffe
dienen. Die Plastiden der Cortexzellen sind wahrscheinlich im Rahmen der
Fettsäurebiosynthese, des Kohlenhydratmetabolismus und der Stickstoffassimilation
am Aufbau und an der Funktion dieser Strukturen beteiligt. Auch die Beobachtung
der Mykorrhiza-induzierten Akkumulation von Apocarotinoiden läßt
auf eine Veränderung des Plastidenmetabolismus schließen. Untersuchungen
mit transgenen Tabakpflanzen (Quelle: Dr. M. Hanson und Dr. R. Köhler),
deren Plastiden durch das grün-fluoreszierende Protein markiert sind,
zeigen entsprechend dramatische Änderungen der zellulären Lokalisation
der Plastiden in mykorrhizierten Wurzeln.
Wir haben physiologisch bedingte
Veränderungen im Lipopolysaccharid (LPS) des symbiontischen Bakteriums
Rhizobium
leguminosarum 3841 mit biochemischen und chemischen Methoden untersucht.
Heiße Phenol/Wasser-Extraktion, gefolgt von Phasentrennung in eine
hydrophile Wasser- und hydrophobe Phenolphase, wurden verwendet, um die
verschiedenen LPS-Fraktionen zu isolieren. Das LPS aus Rhizobien, angezogen
bei Standardbedingungen, extrahierte vornehmlich in die Wasserphase. Dagegen
extrahierte LPS aus Rhizobien, kultiviert bei saurem pH-Wert, bei reduzierten
Sauerstoffbedingungen und in Wurzelknöllchen, vornehmlich in die hydrophobe
Phenolphase. Dem veränderten Extraktionsverhalten liegen Veränderungen
im Polysaccharid- und Lipidteil der Moleküle zugrunde. Die LPS-Veränderungen
scheinen auch Eigenschaften von ganzen Rhizobienzellen zu beeinflussen.
Das Sojabohnenpathogen Pseudomonas syringae pv. glycinea produziert das Phytotoxin Coronatin (COR) in einer temperaturabhängigen Weise. Dabei ist die Synthese von COR bei 18 °C maximal während keine Toxinbildung bei 28 °C nachweisbar ist. Temperaturabhängige Untersuchungen haben gezeigt, daß COR während der Interaktion von P. syringae mit seiner Wirtspflanze der Sojabohne (kompatible Interaktion) eine wichtige Rolle für den frühen Infektionsprozess spielt. Im Gegensatz hierzu besitzt das Toxin keinen Einfluß auf die Ausbildung der hypersensitiven Reaktion (HR), der pflanzlichen Abwehrreaktion, die während der inkompatiblen Interaktion beobachtet wird. Interessanterweise spielt jedoch eine Vorstufe von COR, Coronafacienssäure (CFA), eine entscheidende Rolle für die Ausbildung der HR. Da CFA signifikante strukturelle Ähnlichkeiten mit dem globalen pflanzlichen Signalmolekül Jasmonsäure (JA) besitzt, ist davon auszugehen, daß CFA mit den Rezeptoren von JA im pflanzlichen Gewebe interagiert und somit entscheidend in den pflanzlichen Abwehrmechanismus eingreift.
Pflanzen stehen vor der komplexen
Entscheidung Abwehrreaktionen gegen pathogene Mikroorganismen einzuleiten,
oder mit symbiontischen Mikroorganismen zu kooperieren. Ziel der vorgestellten
Arbeiten ist die Aufklärung der molekularen Mechanismen der Pathogen
/ Symbiont Unterscheidung. Das Modellsystem zur Untersuchung dieser Frage
ist die Symbiose zwischen dem Bodenbakterium Rhizobium meliloti
und der Wirtspflanze Medicago sativa (Luzerne), der Modell-Leguminose
Medicago
trunculata, sowie die Interaktion des phytopathogenen Bakteriums
Xanthomonas
campestris mit verschiedenen Pflanzen. Als wesentlicher Bestandteil
dieser Erkennung konnten Signalmoleküle (bakterielle Lipopolysacharide)
der Bakterien und Elemente der pflanzlichen Signaltransduktion (Calcium,
Kinasen, MAP-Kinase, G-Proteine) identifiziert werden.
D
I E N S T A G - 26. September 2000
Vorsitzender:
C. Schnarrenberger
Die
Entwicklung ursprünglich freilebender Prokaryoten zu Mitochondrien
bzw. Plastiden war von einer massiven Umstrukturierung der einzelnen Genome
begleitet, wobei die überwiegende Mehrheit der organellenkodierten
Gene in das Kerngenom transferiert wurde. Ebenso tiefgreifende Veränderungen
wie in der Genomstrukturierung fanden im Verlauf der Organellenevolution
auch auf Ebene der Genexpression statt. Diese entwickelte sich in den Organellen
zu einem äußerst komplexen regulatorischen Netzwerk, allein
schon wegen der Genomkompartimentierung, wie man es bei den Cyanobakterien
noch nicht vorfindet. Unser Interesse gilt der Beantwortung der Frage,
wie die einzelnen Teilschritte der plastidären Genexpression miteinander
verschaltet sind und wie durch Kombination einzelner Teilschritte eine
gewebe- oder entwicklungsspezifische Wirkung zustandekommt.
Obwohl
immer mehr Plastidengenome komplett sequenziert sind, gibt es noch eine
Reihe offener Leseraster, die zwischen unterschiedlichen Arten hochkonserviert
sind und auch exprimiert werden (ycf – hypothetical chloroplast
reading frame). Die Funktion der Genprodukte dieser ycf’s ist unbekannt.
Besonderes Augenmerk wird auf diejenigen ycf’s gelegt, zu denen
bisher in Cyanobakterien keine Homologen gefunden wurden, die also möglicherweise
während der Plastidenevolution neuerworben wurden: für ycf1
gibt es Homologe in sämtlichen Dikotyledonen inklusive im photosynthetisch
inaktiven Parasiten Epifagus virgiana. Eine Funktion im Photosynthesebereich
ist daher auszuschließen. ycf14, auch matK genannt,
zeigt Homologie zur Domäne X einer Gruppe von Intronmaturasen in Pilzmitochondrien.
Beide haben sich beim “knock-out”-Experiment als essentiell erwiesen, es
müssen also Alternativen getestet werden, um die Funktion dieser Gene
zu entschlüsseln.
Durch Zellfusion hergestellte Cybriden
von N. tabacum und A. belladonna zeigen je nach Kern-Plastom-Kombination
unterschiedlich vitale Phänotypen. Während Pflanzen mit Tabak-Kern
und Atropa-Plastiden nicht von gesunden Tabakpflanzen zu unterscheiden
sind, führt die reziproke Kombination zu einem albino-Phänotyp.
Offensichtlich ist die Interaktion vom Atropa-Kern mit Tabak-Plastiden
schwerwiegend gestört. Um die Ursachen für diese Inkompatibilität
aufzuklären, wurde das komplette A. belladonna Plastiden-Chromosom
sequenziert und mit dem bereits bekannten Tabakplastom verglichen. Zusätzlich
wurden Expressionsstudien mit klassischer Northern- bzw. Westernanalyse,
aber auch im „macroarray“ durchgeführt. Es gibt Hinweise, daß
die kompartimentelle genetische Inkompatibilität in den intergenischen
Bereichen des Plastoms lokalisiert ist.
Plastiden enthalten wie auch Mitochondrien
ein eigenes Genom, das Plastom, und einen eigenen genetischen Apparat zu
dessen Dekodierung. Im Verlauf der Evolution haben sich im Rahmen der plastidären
Genexpression Höherer Pflanzen eine Anzahl von Teilschritten etabliert,
die man bei dem phylogenetischen Vorläufer der Plastiden, einem Cyanobakterium,
noch nicht vorfindet. So haben sich Wege entwickelt, einen Plastidengenotyp
gewebe- und entwicklungsspezifisch in unterschiedliche RNA-Populationen
mit unterschiedlichem Informationsgehalt zu dekodieren. Um die komplexen
Zusammenhänge plastidärer Genexpressionsschritte besser verstehen
zu können, wurden umfassende RNA- Expressionsprofile der gesamten
plastidären genetischen Information gewebe- und entwicklungsspezifisch
sowie anhand geeigneter Mutanten untersucht.
Vorsitzender:
R. Bock
Eine
kompakte Beleuchtungseinheit zur Totalreflexons-Fluoreszenzmikroskopie,
sieow ein Aufbau für Fluoreszenz-Spekroskopie und Imaging mit hoher
Zeitauflösung (Nanosekunden) werden vorgestellt. Damit können
Fluorophore im Bereich der Zytoplasmamembran selektiv erfasst werden. Als
Beispiel dienen Messungen des temperatursensitiven Membranmarkers Laurdan,
dessen Fluoreszenzbanden sich beim Übergang von der Gelphase zur flüssig-kristallinen
Phase verändern. Ein unterschiedliches Temperaturverhalten von Plasmamembran
und intrazellulären Membranen wurde beobachtet und u.a. auf unterschiedliche
Cholesterinanteile dieser Membranen zurückgeführt.
Bei
der Methode der Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie ("total internal
reflection fluorescence microscopy", TIRFM) wird nahe der Oberfläche
der zu untersuchendenProbe ein Lichtstrahl total reflektiert. Das hierbei
auftretende evaneszente elektromagnetische Feld ermöglicht die Anregung
grenzflächennaher Fluorophore. In der Zellbiologie können daher
mittels TIRFM und geeigneter Fluorophore Vorgänge an der Zytoplasmamembran
intakter Zellen selektiv gemessen werden, wobei nur ein kleiner Teil
der intrazellulär lokalisierten Fluoreszenzmarker sowie der Autofluoreszenz
der Zellen erfasst wird. Vorgestellt wird der Aufbau eines neu entwickelten
Kondensors für TIRFM, der durch die computergesteuerte Variation des
Einstrahlwinkels eine Tiefenauflösung im Nanometerbereich ermöglicht.
Anhand von Messungen mit organell- und ionenspezifischen Fluoreszenzmarkern
werden die Möglichkeien dieser Methode vorgestellt.
M I T T W O C H - 27. September 2000
Vorsitzender:
R. Cerff
Wir stellen ein stochastisches Modell vor, daß die Anhäufung von Mutationen über Generationen in einer Population beschreibt. Dieses Modell spielt die Rolle einer vereinfachten Sprache, die es möglich macht, gewisse Fragen zu stellen und zu beantworten. Wir können vorhersagen, wieviele einzelne Mutationen nach einer Anzahl von Generationen zu erwarten sind, wir können angeben, wie die Wahrscheinlichkeit für einen Organismus in beliebiger Generation zu überleben, d.h. sich reproduzieren zu können, ist. Ebenso erlaubt das Modell zu untersuchen, ob es einen stationären Zustand für eine gegebenen Population gibt. Wir stellen fest, daß er existiert und können ihn beschreiben.
Tagungsort ist die 1998 neu eröffnete Ev. Heimvolkshochschule Ländlicher Raum Kohren-Salis, Pestalozzistrasse 60a, D-04655 Kohren-Salis (im malerischen Kohrener Land, südlich Leipzig auf halbem Weg nach Chemnitz, erreichbar mit PKW über die B 95, Abfahrt südlich Frohburg, mit der Bahn von Leipzig oder Chemnitz bis Geithain, von da mit Bus ca. 13 km in Richtung Kohren-Salis, Haltestelle Krankenhaus. Kohren-Salis ist ein kleines Städtchen mit 2 romanischen Burgruinen und bekannt durch seine Handweberei und eine über 450 Jahre alte Töpfertradition). Leipzig gedenkt J.S. Bach anläßlich seines 250. Todestages.
Das gut ausgestattete Tagungs- und Freizeitheim bietet preiswerte Unterbringung und Verpflegung mit Vollpension (Frühstück, Mittagessen, Nachmittagskaffee, Abendessen; s. Anmeldebogen).
Die Tagungsgebühr beträgt 25,- DM für
Mitglieder (Stud. 10,- DM) und 35,- DM für Nichtmitglieder (Stud.
15,- DM). (Auf nachträgliche Anmeldungen wird ein Zuschlag von 10
DM (Stud. 5,- DM) erhoben, die Unterbringungen müssen dann eventuell
außer Haus und zu den jeweils geforderten Preisen der Gastronomie
arrangiert werden).